Dienstag, 22. Februar 2011

Worauf es am meisten ankommt --
Die kostbarste Ressource der Menschheit

Diejenigen, die als Erwachsene die 1960er Jahre erlebt haben, dürften die Stimmung jenes Jahrzehnts noch in Erinnerung haben. In den Industrieländern stieg der Wohlstand Jahr für Jahr, die Arbeitslosigkeit tendierte gegen null, Wirtschaftskrisen hielt man für ein endgültig überwundenes Übel der Geschichte. Mit staatlicher Finanzhilfe gingen auch Arbeiter- und Bauernkinder auf die Uni. Sie machten sogar Weltreisen. Es wurden überall Volkshochschulen eröffnet, es gab bezahlten Bildungsurlaub und Kulturförderung. Eigentlich schien fast alles möglich. 1957 kreiste der Sputnik um die erde, 1969 landete ein Mensch auf dem Mond. Kurz, es war eine Ära des Überschwangs.
In manchen Ländern der Dritten Welt herrschte zur gleichen Zeit eine Aufbruchstimmung. Sie hatten kurz vorher das Joch der kolonialen Herrschaft abgeschüttelt. Nichts schien mehr im Wege zu stehen, die Ära der Entwicklung konnte beginnen. Der Aufstieg schien nur eine Frage der Zeit zu sein.
Ich habe diese Zeit als junger Mensch erlebt – sowohl in meiner Heimat Indien als auch in Deutschland. Ich kam für eine Deutschlehrerausbildung nach München. Meine zukünftige Frau ging als Deutschlehrerin nach Indien. Als Student in Deutschland hörte ich auf Versammlungen oft den Ausdruck "Brücken bauen". Da war auch die Bewegung gegen den Vietnamkrieg. Und trotz des Kalten Krieges und ein paar anderer Kriege hier und da schienen Entwicklung und Wohlstand in der ganzen Welt möglich. Mit der Grünen Revolution schien auch der Hunger in den armen Ländern besiegbar.
Inzwischen ist allerorten der Überschwang verflogen. Es gibt die permanente Gefahr von Finanz- und Wirtschaftskrisen. Banken gehen pleite. Hohe Arbeitslosigkeit dauert hartnäckig an. In der EU rücken einige Staatspleiten bedrohlich näher. Der Sozialstaat wird abgebaut. Studenten müssen Studiengebühren zahlen. Was Menschen betrifft, redet niemand mehr von Brücken bauen. Im Gegenteil, man errichtet Barrieren. Während Mitte der 1960er Jahre deutsche Politiker den millionsten Gastarbeiter mit einem Motorradgeschenk begrüßten, wird heute verzweifelt versucht, sich die jungen Arbeitsuchenden aus der Dritten Welt vom Hals zu schaffen.
Was ist denn in der Zwischenzeit geschehen? Die Grenzen des Wachstums, von denen in den frühen 1970er Jahren die Rede war, ist spürbar geworden. Und selbst etablierte Ökonomen geben zu, dass das Wachstum des Bruttoinlandprodukts nicht unbedingt Wachstum des Wohlstands bedeutet. Der renommierte Ökonom Paul Krugman (Nobelpreisträger) hat endlich kapiert, dass die Erde begrenzt ist. Er hat nämlich wahrgenommen, dass die Ölförderung nicht mehr steigen kann, obwohl die Ölpreise wieder steigen. Aus demselben Grund explodieren die Preise mancher Industriemetalle. Und die seltenen Erden werden auf dem Weltmarkt immer seltener.
Worauf es aber am meisten ankommt sind nicht Erdöl, die Industriemetalle oder die seltenen Erden, sondern die primitivste aller Ressourcen, nämlich fruchtbares Land, und die Lebensmittelpreise. Die Menschen müssen jeden Tag dreimal essen; erst dann können sie an einen Handy- oder Autokauf denken. Seit einigen Jahren erleben wir regelmäßig gewalttätige Aufruhre wegen steigender Lebensmittelpreise: 2007 in Mexiko (der sog. Tortilla-Aufruhr), 2008 in Haiti, 2010 in Mosambik. Heute stehen wir mitten in einer globalen Nahrungsmittelkrise, in der zweiten in drei Jahren. Und die aktuellen Revolten in den arabischen Ländern haben ursprünglich sehr viel mit steigenden Nahrungsmittelpreisen zu tun gehabt.
Aber, wie bei Erdöl, kann trotz steigender Preise Nahrungsmittelproduktion nicht mehr erhöht werden. Der wichtigste Grund dafür ist, dass fruchtbares Land eine begrenzte Ressource ist. Die große Schar von arbeitslosen jungen Menschen können nicht Bauern werden, selbst wenn sie es wollten. Zwar kann die Fläche, die heute für Biosprit- oder Futtermittelproduktion benutzt wird, zur Produktion von Grundnahrungsmittel umgewidmet werden. Aber die verfügbare Gesamtfläche schrumpft ständig. Teile davon werden wachsenden Städten und expandierenden Industrien übereignet, Andere Teile werden von sich ausdehnenden Wüsten verschlungen, und weitere Teile gehen durch die natürlichen Erosionsprozesse verloren. Der Traum von Verwandlung der Wüsten in blühende Gärten ist längst ausgeträumt. Und Industriebrachen können schwer rekultiviert werden.
Schlaue Finanzhaie investieren seit einigen Jahren massiv in Ackerland. Sie spekulieren auf dessen unaufhörlich steigende Preise. Allein im Jahre 2010 haben Fondsgesellschaften weltweit 45 Millionen Hektar Farmland aufgekauft. Auch staatliche Vermögensfonds aus Ländern wie China, Südkorea, Japan, Saudi-Arabien und den Arabischen Emiraten kontrollieren inzwischen sieben Millionen Hektar. Sie haben verstanden, was der Menschheit kostbarstes Gut ist.

Mittwoch, 9. Februar 2011

Empört euch! --
OK! Aber was tun wir danach?

Stéphane Hessel, ein 93jähriger französischer Herr, hat eine Streitschrift geschrieben – "Indignez-vous!" (Enpört euch!) –, ein Bestseller, von dem in Frankreich schon fast 1 Million Exemplare verkauft worden sind. Das Buch wird auch auf deutsch erscheinen. Aber schon jetzt, auf der Grundlage von Medienberichten und insbesondere eines Interviews im Spiegel (4/2011), finde ich es notwendig, seinen Aufruf und seine anderen Äußerungen zu kommentieren. Denn Empörung über alle möglichen Missstände und gesellschaftlichen Übel grassiert in vielen Teilen der Welt: in Griechenland, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, und seit etwa sechs Wochen auch in der arabischen Welt.
Herr Hessel war Résistance-Kämpfer gegen die Nazi-Barbarei. Eine solche Barbarei gibt es zwar nirgendwo mehr, aber er sieht heute "zu viele Probleme – von der Wirtschaftskrise über den Abbau des Sozialstaats bis zur ökologischen Zerstörung des Planeten" –, die ungelöst sind. Das sind genug Gründe für Empörung, und darum hat sein Aufruf auch ein gewaltiges Echo ausgelöst. Er sagt: "Eine Unruhe hat unsere Gesellschaften erfasst, ein Gefühl, dass es so nicht weitergehen kann."
Soweit ist alles richtig. Aber Herr Hessel sagt nicht, was die Ursachen der genannten Probleme sind. Er sagt zwar, der Empörung müssten Reflexion und politische Problemanalyse folgen, aber er liefert beides nicht. Er sagt zwar, dass der politischen Problemanalyse "Anleitung zum Handeln" und "Aufzeigen von Wegen aus der Gefahr" folgen müssten, aber beides unterlässt er. Er schiebt diese Aufgaben anderen zu; er sagt, es gebe kompetentere Leute als ihn.
Das ist eine Ausrede. Er will wohl niemand und nichts kritisieren, als ob diese großen Probleme ohne Ursachen und ohne menschliches Zutun entstanden wären. Herr Hessel drückt sich einfach vor der Aufgabe. Aber wieso? Er ist heute 93 Jahre alt, hat nichts mehr zu verlieren. Er ist ein hoch intellektueller Mensch, und das Interview zeigt, dass er einen klaren Kopf behalten hat. Wieso denkt er, dass er nicht kompetent ist?
Er sagt, er bewundere den Kampfesmut der Anarchisten wie Bakunin. Eigentlich aber misstraue er der revolutionären Versuchung. Das kann man verstehen, denn er denkt: "eine gewalttätige Hoffnung kann es in der Politik nicht geben." Er argumentiert weiter: "terroristische Gewalt vergiftet die Ziele, für die sie zu kämpfen vorgibt." Auch dies kann einer richtig finden, der die Geschichte der Revolutionen kennt.
Aber ist denn die Alternative zur gewalttätigen Revolution der Verrat der Sozialdemokratie? Herr Hessel scheint diese Frage mit Ja zu beantworten. Denn er ist bis heute zahlendes Mitglied der Sozialistischen Partei Frankreichs. Die ganze Welt weiß, dass diese Partei eigentlich eine sozialdemokratische ist. Er sagt: er ist "für ein rot-grünes Bündnis in Frankreich nach deutschem Vorbild.". Da staunt man. Weiß er etwa nicht, dass es die rot-grüne Regierung war, die durch das Harz-IV-Gesetz den Abbau des Sozialstaates forcierte – eines der drei von ihm genannten ungelösten Probleme, die er als Ursachen der großen Unruhe ausgemacht hat? Und trug nicht dieselbe rot-grüne Regierung die neoliberale Globalisierung bereitwillig mit, die die Hauptursache der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise ist?
Schuld an dem dritten von ihm genannten Problem, nämlich der ökologischen Zerstörung, sind alle politischen Kräfte, inklusive der französischen und der deutschen Sozialdemokratie, die den Kapitalismus akzeptiert haben und/oder sich stetigem Wirtschaftswachstum verschrieben haben. Spätestens bei diesem Problem hätte Herr Hessel die Systemfrage stellen müssen. Das tut er nicht. Offensichtlich ist sie auch für ihn tabu.
Zu guter Letzt verwechselt Herr Hessel wohl die friedliche Beseitigung eines autokratischen oder unbeliebten Herrschers bzw. Unrechtsregimes mit dem Beginn der Lösung der drei genannten großen Probleme. Der Fall der Berliner Mauer führte das DDR-Volk in ein ihm bis dahin unbekanntes System mit Arbeitslosigkeit und Sozialabbau. Die Orangene Revolution von 2004 ermöglichte den Ukrainern nur einen Übergang von Präsident Janukovitsch zu Präsident Justschenko und 2010 wieder zu Präsident Janukovitsch. Die Probleme blieben oder wurden gar schlimmer. Und es ist sicher, dass die Vertreibung von Ben Ali dem tunesischen Volk keine Lösung seiner wirtschaftlichen und sozialen Probleme bringen wird.

Donnerstag, 3. Februar 2011

Wege zu einer Postwachstumsgesellschaft

ATTAC Deutschland wird im Mai dieses Jahres in Berlin einen großen Kongress zum Thema Wachstumskritik und Postwachstumsgesellschaft veranstalten. Zur inhaltlichen Vorbereitung und Einstimmung auf das Thema wird ATTAC  auf einer seiner Webseiten einige Materialien veröffentlichen. Zu diesem Zweck hat Alexis Passadakis, Mitglied des Bundeskoordinationskreises, mich schriftlich interviewt. Das Interview gehört auch zu unserem Blog.

Interview

  1. Was sind aus Deiner Sicht die "Hebel", um zu einer Ökonomie mit einem wesentlich geringeren Stoffdurchsatz zu kommen?
    Man muss vorher sagen, in welchem Kontext man seine Vorstellungen entwickelt – im Kontext 1, nämlich die Annahme, dass wir in der Regierung und in der Wirtschaft das Sagen haben, oder im Kontext 2, nämlich die Realität, dass wir eine kleine, aber überzeugte und aktive Minderheit in den sozialen Bewegungen sind. Weil Kontext 1 Zukunftsmusik ist, bleiben wir zunächst bei Kontext 2. Ich denke an zwei "Hebel": (a) langwierige Bewusstseinsbildungsarbeit und (b) heute schon tun, was im gegebenen System und in der gegebenen persönlichen Lage möglich ist.
    (a) Im Sinne von Gramsci, versuchen, theoretische und intellektuelle Hegemonie zu erreichen (Gramsci sprach von kultureller Hegemonie). Dazu gehört soviel wie möglich zu veröffentlichen, zu reden, zu diskutieren, aber belanglose/unwichtige Fragen zu ignorieren. Aus dem Heuhaufen von belanglosen Fragen/Themen die wichtigsten Nadeln (Kernfragen) herauszuholen und sich darauf zu konzentrieren.
    (b) Z.B. Aktivitäten zur Förderung und Unterstützung der öffentlichen Verkehrsmittel und Aktionen wie Stattauto. In Betrieben: Forderung nach Arbeitszeitreduzierung, aber ohne Lohnausgleich, damit die Arbeitslosigkeit zurückgeht.
  2. Welche ökonomischen Steuerungsmechanismen sind aus öko-sozialistischer Sicht in einer Postwachstumsökonomie notwendig? Und welche Transformationsschritte siehst Du in diesem Kontext?
    Hier nimmt man an, dass Ökosozialisten wie ich am Steuer sitzen und die Entscheidung gefallen ist, eine Schrumpfungspolitik zu verfolgen. Da im Kapitalismus ein Wachstumszwang besteht, ist es im Rahmen dieses Systems unmöglich, ein enProzess der Wirtschaftsschrumpfung einzuleiten. Da nützen Steuerungsmechanismen wie Preissignale, Steueranreize etc. nichts. Das bedeutet, dass bewusste Wirtschaftsplanung freie Marktwirtschaft mit ihrem Konkurrenzprinzip ersetzen muss. Es muss keine hundertprozentige Planung sein, auch eine Rahmenplanung ist denkbar. Es ist aber unausweichlich, dass viele Betriebe, die unnötige oder schädliche Waren und Dienstleistungen produzieren, absichtlich geschlossen werden. Das kann man nicht steuern, das muss durch planvolles, staatliches Handeln durchgeführt werden.
    Da ein ökosozialistisches Regime weder entlassene Arbeiter auf die Straße setzen noch sie nur mit Sozial-Almosen am Leben halten will, muss Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich durchgesetzt werden. Es muss offen gesagt werden, dass in einer schrumpfenden Wirtschaft der gewohnt hohe Lebensstandard nicht aufrechterhalten werden kann. Die sozial notwendige Arbeitslast sowie die mögliche Freizeit müssen gerecht verteilt werden.
  3. Wie können Unternehmen - also die mikro-ökonomische Perspektive funktionieren? Welche Rolle spielen Konzepte solidarischer Ökonomie?
    Wenn totale Planung – so wie einst in der Sowjetunion –, unratsam ist, wenn nur große Industrien und Firmen sozialisiert werden, dann können in einem System von Rahmenplanung kleine Ich-AGs, oder kleine Kooperativen und Genossenschaften im Besitz der Arbeiter funktionieren. Es ist durchaus möglich, dass diese unter sich Absprachen darüber treffen, wer wieviel produziert und welchen Teil der Nachfrage befriedigt.
    Das wäre eine solidarische, keine verstaatlichte, Ökonomie; das wäre Beseitigung des Konkurrenzprinzips – alles im Rahmen einer Art Planwirtschaft. In Kuba wird im Rahmen der jüngsten Wirtschaftsreform so etwas eingeführt. Friseurläden, Taxigeschäfte, Imbissstuben usw. müssen keine staatseigenen Betriebe sein, die nach einem zentral und genau erarbeiteten Plan produzieren. Auch in Deutschland wird Niederlassung von Ärzten von den Krankenversicherungen reguliert und so Überangebot verhindert.
  4. Welche Akteursallianzen sind aus Deiner Sicht nötig, um eine solidarische Transformation ins Werk zu setzen?
    Hier sollte man nicht im altlinken Stil von Akteursallianzen reden. Das Potential für den Einsatz für eine ökosozialistische Gesellschaft und gegen eine die Umwelt zerstörende Wirtschaftsordnung ist in jedem Menschen und in jeder Schicht vorhanden. Nur bei Unternehmern als aktiven Unternehmern kann das nicht erwartet werden. Und bei Gewerkschaften und sonstigen berufsspezifischen Organisationen heutigen Typs habe ich Zweifel. Sie sind zu sehr im gegenwärtigen Wirtschaftsmodell verhaftet. Der Lebenssinn solcher Organisationen widerspricht einfach der Idee des Verzichts auf das Eigeninteresse ihrer Mitglieder. Die Bereitschaft, auf Eigeninteresse zu verzichten, und gar die Auflösung der eigenen Wirtschaftsbranche (die Werbebranche z. B.) zu akzeptieren, sind Voraussetzungen für das politische Engagement, das wir meinen.

Zusatz zum Interview

  • a.) Meine erste Frage habe ich nicht eindeutig genug formuliert. Ich meinte die ökonomischen Hebel für eine Schrumpfung der Ökonomie – also Arbeitszeit, Investitionen, Zinsen ... etc. - wo sollte man Deiner Meinung nach ansetzen.
    Bei den Detailfragen muss man vorsichtig sein. Die Menschen, die in der Zukunft so eine Politik durchsetzen müssen, sie müssen sehen, was geht und was nicht. In der Übergangszeit muss man experimentieren. Was die Investitionen betrifft, müssen sie vom Staat bestimmt bzw. dirigiert bzw. getätigt werden. Schon Keynes hatte etwas Ähnliches gefordert. Anders als bei Keynes wird der Zweck dann sein, den Schrumpfungsprozess einzuleiten. Zinssätze als Anreiz zu Investitionen haben dann keine Funktion mehr. Sie werden dann die einzige Funktion haben, bei den noch existierenden Besser-Verdienenden etwas Motivation zum Sparen aufrecht zu erhalten.Solange die Energie für hoch automatisierte Maschinen reicht, muss die Arbeitszeit verkürzt werden, damit die Produktion zurück geschraubt werden kann, was wir wollen, ohne Arbeiter und Angestellte arbeitslos zu machen.
  • b.) Was meinst Du mit "ohne Lohnausgleich"? Wenn ein Azubi mit 630 Euro eine Arbeitszeitverkürzung von 12 Stunden hätte, dann bliebe ihm gerade noch Geld für Wohnung und Essen - Kleidung geht dann schon nicht mehr... Eine alleinerziehende Verkäuferin mit Kind, die 980 Euro hat, muss dann wohl auch darben... ???
    Auch in der Übergangszeit muss eine ökosozialistische Regierung eine gewisse Egalisierung der Einkommen vornehmen. Im Niedriglohnsektor wird kein Lohnverzicht verlangt; es kann aber auch keine Lohnaufbesserung geben, weil die Wirtschaft insgesamt schrumpfen muss. Schon heute gibt es halbe Stellen mit halbem Gesamteinkommen. Das kann schon bei Facharbeitern, Lehrern, Beamten verlangt werden.
  • 3b.) Für welche Unternehmen aber bleiben in einer schrumpfenden Ökonomie Profite übrig und auf welcher Ebene soll - angesichts eines europäischen Binnenmarktes – geplant werden?
    Solange Deutschland (oder meinetwegen ein anderes Land) Mitglied der EU bleibt, kann das ganze geplante Vorhaben nicht im Alleingang durchgeführt werden, ohne einen Zusammenbruch zu riskieren. Auch wenn Deutschland die EU verlässt, bleibt es vorerst an die Weltwirtschaft gebunden. Eine große Region, z.B. die EU oder zumindest ganz Westeuropa muss bereit sein, eine Politik der Wirtschaftsschrumpfung einzuleiten. Diese Einigung in einer großen Region zu erreichen, ist die politische Aufgabe. Leute wie du und ich müssen daran arbeiten. Eigentümern der Betriebe, die geschlossen werden müssen, kann keine Entschädigung bezahlt werden. Woher sollen die Mittel bei einer schrumpfenden Wirtschaft kommen? Ihnen kann höchstens ein ihrer Qualifikation entsprechender Arbeitsplatz angeboten werden oder eine respektable Rente. Bei Betrieben, die weiter produzieren dürfen, kann ein Profit nicht gesichert sein. Wahrscheinlich wird es nur reichen, die Löhne zu bezahlen, zu mehr wohl nicht. Aktieninhabern kann dann der Zinssatz bezahlt werden, der auch Sparern bezahlt werden wird.